Ich habe erst kürzlich eine Nachricht von einem meiner Athleten erhalten. Sein großes Ziel in diesem Jahr ist der Ötztaler Radmarathon. Sein Ziel - eine Zeit unter 9h! Er fragte mich, wie oft er 9h auf dem Rad verbringen sollte, um seinem Ziel näher zu kommen. Hier ist meine Antwort…
Wie lange soll die längste Trainingsausfahrt werden, wenn der Wettkampf 9h dauern wird? Um diese Frage zu beantworten möchte ich gerne mit diesem Blog das Verhältnis zwischen Risiko und Ertrag jedes einzelnen Trainings beleuchten. Jedes Training, z.B. eine lange Ausdauer Ausfahrt, bringt einen gewissen Gewinn an Fitness. Doch natürlich birgt jedes Training auch ein gewisses Risiko, was Überbeanspruchung oder gar einen Burnout als Folge haben kann. Man läuft schlichtweg Gefahr die nächsten Tage nicht mehr trainieren zu können, weil die Erschöpfung zu groß war. Wird dies über Wochen hinweg ignoriert droht ein Übertraining.
Wie in der Abbildung zu sehen, wächst die Fitness-Gewinn-Linie (blau) in den ersten Stunden steil an. Wie viel Stunden dafür zu trainieren sind, ist von Sportler zu Sportler unterschiedlich. In den meisten Fällen beginnt die Kurve nach 4h abzuflachen. Etwa nach 5h wird das Plateau erreicht, was heißt, dass die Zeit die danach trainiert wird, nun nicht mehr weiter in die Fitness einzahlt. Gleichzeitig wird die Risiko-Kurve immer steiler und überschneidet nach ungefähr 6h die Gewinn-Linie. Spätestens hier sollte das Training beendet werden. Das Risiko für ein Übertraining ist jetzt zu hoch. Diese Veranschaulichung gilt nicht nur für die Dauer jedes Trainings, sondern auch für dessen Intensität und Anzahl der Wiederholungen.
Dies ist natürlich eine rein physiologische Betrachtung. Psychologisch hat der Athlet natürlich ein deutlich besseres Gefühl, wenn er im Training bereits 9h am Stück absolviert hat - auch wenn natürlich Höhenmeter fehlen werden, um den Radmarathon zu simulieren. Trotzdem empfehle ich meinem Athleten kein Training über 6h - lieber drehen wir Stück für Stück an der Intensitäts-Schraube, welche natürlich ebenso ein Risiko gemäß diesem Modell birgt.
Häufig überschreiten Hobby-Radsportler diese Grenze, wenn sie sich am stärksten fühlen. Du fühlst Dich fantastisch und Du scheinst unschlagbar! Nun ist die Hemmschwelle am geringsten, noch weiter und noch intensiver als je zuvor zu fahren. Dabei bist Du nur ein Workout davon entfernt, den Bogen zu überspannen und damit alles zu verlieren. Durch die Schwächung des Immunsystems kann z.B. ein grippaler Infekt den Trainingsausfall für Tage oder Wochen bereiten. Also gehe jede Zeit, in der Du Dich in Hochform fühlst, mit Ehrfurcht an. Respektiere, dass jedes Training, auch sein Risiko mitbringt und überlege jedes Mal ob es Sinn macht es einzugehen. Im Zweifel gehe stets weniger Risiko ein.